Sonntag, 9. Januar 2011

Endlich Aufklärung

Hier möchte ich gerne mal aus der Sicht einer Betroffenen einige "Symptome" aufzählen, oder welche unerklärlichen Verhaltensweisen durch die Entdeckung des Zwillings plötzlich ganz klar waren. Diesen Text habe ich am 4. Juli 2010 verfasst in einer ziemlich gemischten Stimmung, einereits Erleichterung, andererseits grosse und unendlich tiefe Trauer.

Alles ergibt endlich einen Sinn:

  • Warum meine Freundschaften immer so intensiv sein mussten und ich oftmals Angst hatte meine beste Freundin zu verlieren
  • Warum ich in Freundschaften oftmals irgendwie "männlich" war, respektive burschikoser
  • Warum ich den Sohn einer Bekannten den ich seit meiner Geburt kenne geliebt habe wie einen Bruder obwohl er mir nicht einmal verwandt war
  • Warum ich sofort Angst bekomme, wenn mein Mann nicht um die Uhrzeit heimkommt wie er gesagt hat und warum ich mir dann oft schon die schlimmsten Szenarien vorstelle
  • Warum ich Panik kriege wenn er beispielsweise nicht um eine verabredete Zeit anruft wenn er beispielsweise länger weg ist
  • Warum Streit für mich schlimm ist wenn der andere sich dann komplet zurückzieht und ich Panik kriege wenn man zu Bett geht ohne dass der Streit begraben wurde
  • Warum für mich bei Streit oder Angst die Nacht dunkler wirkt als sonst und das Zimmer bedrohlich und die ganze Situation auswegslos
  • Warum ich nie weggehen kann (zur Arbeit etc) ohne mich vorher zu verabschieden (oft sogar mehrmals!) und umgekehrt auch
  • Warum ich mögllicherweise immer so viel esse und das Gefühl habe den letzten Rest auch noch essen zu müssen, auch wenn mir danach gar nicht mehr wohl ist
  • Warum ich immer zuviel koche
  • Warum ich manche männlichen Personen innert kurzer Zeit sehr mag (platonisch, sie scheinen mich irgendwie an den Zwilling zu erinnern)
  • Warum ich als Kind so verzweifelt darauf aus war zwischen mir und meinem Lieblings-Cousin Ähnlichkeiten zu finden (übrigens ähneln wir uns wirklich ein wenig, als Kind noch mehr)
  • Warum ich oft übermässig traurig bin obwohl nichts wirklich schlimmes oder trauriges gerade vorgefallen ist
  • Warum ich irgendwie versucht habe früher unbewusst wie ein Junge zu sein und auf alten Fotos wo ich jungenhaft wirke, ich mich nicht wiedererkenne und mein Herz und meine Seele mir sagt "das bist nicht Du, das ist er!"
  • Warum ich als Kind unbedingt eine männliche Babypuppe haben musste als einziges Kind im ganzen Quartier
  • Warum ich immer so lange in den Spiegel guckte und oft dann sehr traurig wurde (seit der Entdeckung aber auch beruhigt und gestärkt)
  • Warum ich in Gruppen nur wohl bin wenn ich mit einer zweiten Person da bin die mir nahe steht
  • Warum ich immer das Gefühl habe, dass mein Mann alles verstehen und nachvollziehen können sollte was ich tue, denke, wünsche, sehe etc
  • Warum ich manchmal das Gefühl habe unsere Verbindung müsste noch intensiver sein (eben wie eine Zwillingsverbindung)
  • Warum mich Zwillinge immer magisch angezogen haben und ich mit ihnen befreundet sein wollte
  • Warum ich mir soooo stark einen Bruder gewünscht habe
All dies ergibt jetzt einen Sinn. Die Entdeckung dieser Dinge ist eine ziemlich aufwühlende Angelegenheit, einerseits hat man endlich eine Erklärung für bisher unerklärliche Verhaltensweisen, andererseits wird das ganze Thema noch präsenter, realer und dadurch auch der Verlust des Zwillings.

1 Kommentar:

  1. Ich habe ähnliche Erklärungen gefunden. Und wie du schreibst, sind sie zwar aufwühlend, aber dafür fühle ich mich jetzt kompletter..und ich merke immer wieder wie geduldig ich mit mir sein muss...weil dieses Thema seine Zeit braucht zu heilen....ich kann schon sagen, dass es das schlimmste war, was mir im Leben widerfahren ist, meine eineiige Zwillingsschwester zu verlieren. Ich wünsche allen Alleingeborenen viel Geduld und Ausdauer mit dieser großen Verlusterfahrung lernen umzugehen. Alles GUTE!<3

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