Sonntag, 30. Oktober 2011

Verlorener Zwilling - Auswirkungen und Merkmale


Der vorgeburtliche Verlust eines Zwillings prägt das überlebende Geschwister für das ganze Leben.

In der Gebärmutter so nahe beieinander zu wachsen, vielleicht sogar in der selben Fruchtblase, da besteht schon eine enge Bindung. Das erste Organ welches sich beim werdenden Menschen entwickelt, ist das Ohr. Das heißt, bevor überhaupt das Herz zu schlagen beginnt, verfügt der Embryo schon über Ohren und Gehör. So hört er dann als erstes das Rauschen des Blutes und danach das schlagende Herz seines Zwillings. Je nachdem ob er mit dem Geschwister eine Fruchtblase teilt oder der anderen sehr nahe ist, kann er mit der Zeit den Zwilling körperlich spüren und schon viel früher dessen Anwesenheit mit den Sinnen die er zu diesem Zeitpunkt hat, fühlen. Verschwinden die vertrauten Geräusche plötzlich, wenn das Herz des anderen plötzlich zu schlagen aufhört und auch die Bewegungen des Zwillings, kann das beim überlebenden Embryo einen Schock auslösen.

Welche Auswirkungen kann dieser frühe Verlust auf den überlebenden Zwilling noch haben? Welche Symptome kann man erkennen?

  • Hörschäden durch den Schock beim Tod des Zwillings
  • Hang zu gefährlichen Sportarten oder Unfällen, möglicherweise durch Schuldgefühle
  • das Gefühl etwas zu vermissen ohne zu wissen was es ist, wodurch manche unermüdlich auf der Suche sind. Häufige Jobwechsel, Partnerwechsel, viele Reisen, immer "auf der Suche"
  • manche überlebenden Zwillinge haben Mühe eine Partnerschaft einzugehen, weil sie darin die tiefe Verbindung eines "Seelenverwandten" vermissen und dadurch immer weitersuchen
  • Erfolglosigkeit im Beruf/Privat
  • sich einsam fühlen auch inmitten von Freunden, Familie
  • unerklärliche Schuldgefühle. Oftmals fühlt dich die Person immer als Schuldige/Verdächtigte
  • sich nur "halb fühlen"
  • Depressionen, Angstzustände
  • Ekel vor anderen oder sich selbst
  • Angst nahe stehende Menschen zu verlieren
  • Angst dass ein Mensch, Tier vor einem stirbt ohne dass man was tun kann
  • unerklärliche Sehnsucht
  • übermäßige Reaktionen in manchen Situationen, sei es übermäßige Wut oder auch Trauer und Angst
  • körperliche Fehlstellungen beispielsweise der Wirbelsäule, möglicherweise durch extremes wegdrehen/verbiegen in der Gebärmutter um dem toten Geschwister nicht zu nahe kommen zu müssen
  • das Gefühl dass die eigene Familie, Geschwister nicht die richtigen sind
  • Allergien
  • Bedürfnis nach symbiotischen Freundschaften, "Klammern"
  • Angst alleine zu sein
  • Helfersyndrom, der Drang anderen helfen zu wollen, sie zu "retten"
  • grosse Eiversucht
  • der Hang zum doppelten, Kleidung doppelt kaufen, Gegenstände etc
  • grosses Bedürfnis nach körperlicher Nähe, "Hauthunger"
  • als Kind ein Schreibaby gewesen
  • Verhaltensauffälligkeiten
  • einen Zwillingsersatz, beispielsweise eine Spiegel, einen Rucksack
  • kein Kinderwunsch vorhanden, oder Schwierigkeiten beim Schwanger werden
  • Herzschmerzen, Schwindelanfälle und Atembeschwerden, welche oftmals nach dem Entdecken des Zwillings verschwinden oder zumindest seltener auftreten
  • Angst vor Abschieden oder grosse Mühe damit
  • weitere körperliche Beschwerdenn, Fehlstellungen, Tumore, Zysten, Schwächen etc
  • andere Erkrankungen wie beispielsweidse ADS, ADHS, Autismus etc möglich

Ich könnte die Liste fast unendlich ergänzen, durch eigene Symptome und Symptome anderer Betroffener und ich denke vieles wurde bisher noch nicht dem Phänomen "verlorener Zwilling" zugeordnet, möglicherweise stehen weitere Erkrankungen ebenfalls in diesem Zusammenhang.

Triggern

Triggern bedeutet ein Auslöser, etwas das eine Erinnerung und daruch eine Reaktion darauf auslöst.

Auch wir überlebenden Zwillinge werden oft getriggert, also im Alltag mit Situationen konfrontiert die uns an den Verlust oder die direkte Zeit wo der andere Zwilling gegangen/gestorben ist, erinnern. Das können auch Gefühle sein, die dann irgendwie in unserem Kopf mit dem damals erlebten Gefühl verknüpft werden.

Das kann Angst auslösen aufgrund der Erinnerung, Traurigkeit, Panik, Starre und anderes, es ist dann wie wenn man wieder in diesen früheren Moment wäre.

Auch ich erlebe solche Momente, Momente welche mich wieder zurückwerfen in die damalige Zeit, als würde ich mit einer Zeitmaschine zurückreisen in eine frühere Zeit und denselben Moment noch mal erleben und das jedes Mal wieder wenn mich etwas "triggert".

Bei mir sind das unter anderem Abschiede. Nicht jeder Abschied, vorallem Abschiede nach denen ich eine oder mehrere Personen warscheinlich nicht mehr wiedersehen werde, oder Abschiede wenn ich einige Tage mit jemandem verbracht habe und dann wieder nach Hause gehe.

Wenn ich beispielsweise meine Eltern besuche und einige Tage dort verbringe, dann ist der Abschied für mich danach sehr schlimm auch wenn ich das zu verbergen weiss. Sobald die Person mir aber den Rücken kehrt, oder mit dem Auto davon fährt, möchte ich am liebsten hinterher rennen und es ist irgendwie als gäbe es kein wiedersehen mehr auch wenn dem nicht so ist. Mein Herz tut dann weh, Tränen laufen und alles in mir verkrampft sich.

Ich denke dass niemand ausser jetzt meinem Mann weiss, wie schlimm solche Momente für mich sind, weil ich es immer zu verstecken versuche, den Abschied überspiele, meine burschikose Seite in dem Moment den Platz übernimmt und das ganz cool regelt, zumindest nach Aussen. Innerlich ist es aber eben oftmals sehr schwierig.

Möglicherweise erinnern mich diese Abschiedsmomente an den Tod meines Zwillingsbruder, von dem ich mich vielleicht nicht verabschieden konnte, oder der eben nicht mehr zurückkam, den ich nicht mehr wiedersah. Daher muss ich mir in solchen Momenten immer versuchen bewusst zu machen, dass es hier ganz anders ist, dass dieser Moment nicht vergleichbar ist mit dem damaligen, dass meine Angst unbegründet ist. So schaffe ich dann meist innerhalb ein, zwei Minuten mich wieder in Griff zu kriegen.

Was ich selber nicht verstehe ist, warum Abschiede für mich als Kind eigentlich überhaupt nicht schwierig waren, ich hatte da soweit ich mich erinnern kann nie diese Angst, erst später im Erwachsenenalter, aber schon vor Entdeckung des Zwillings.

Es gibt auch andere Situationen die mich triggern.
Ich kann einen Film gucken in dem eine traurige Szene vorkommt, wenn mir die betroffenen Charaktere sympatisch sind, kann ich dieser Szene mehr Wert zumessen als normal und somit überreagieren. Das heisst, wenn zwei Personen sich darin für immer voneinander verabschieden, oder Geschwister getrennt werden, oder ein Kind einen Elternteil verliert etc, dann weine ich sehr stark und kann mich einige Minuten nicht mehr beruhigen, mein Herz krampft sich zusammen und ich falle wohl innerlich zurück. Wenn ich in solchen Situationen nicht alleine bin, kann ich gut damit umgehen, mich ablenken, hingegen wenn ich in diesem Moment alleine bin dann kommt alles raus. Auch hier muss ich immer versuchen mich daran zu erinnern dass es NUR ein Film ist, die Betroffenen Schauspieler sind, alles gespielt und dass es mit mir selber überhaupt nichts zu tun hat und auch nicht mit meinem Leben.

Auch Streit ist für mich schlimm, vorallem wenn er nicht vor dem Abend beigelegt ist, oder wenn die Person wütend weggeht, egal wer es ist, bevor man sich versöhnt hat. Wenn die Person weggeht tagsüber, dann habe ich Angst sie kommt nicht wieder, also so dass eine Versöhnung nicht mehr möglich wäre, und wenn es abends ist, dann gerate ich wieder so in einen Teufelskreis. Die Nacht scheint mir dunkler zu sein, das Zimmer wo ich bin bedrohlich, die ganze Situation und das ganze weitere Leben aussichtslos, es ist wie DAS ENDE, ich habe riesen Angst, kann mich nicht beruhigen und steigere mich dann irgendwie immer mehr rein. Es ist als würde mich alles verschlingen wollen, was bedrohliches.

Ich werde später noch weitere Triggermomente beschrieben